Initiative Baukunst
Über uns
Wissen und erfahren kann man niemals genug. Um ein Gebäude zu entwerfen, gilt es neben Statik und Baukonstruktion auch Gestalt, Proportion und Material zu berücksichtigen und – im besten Fall – zu beherrschen. In einer Zeit, in der durch digitale Möglichkeiten in Verbindung mit einer weiter steigenden Zahl von neuen Baumaterialien immer spektakulärere Formen des Bauens möglich werden, ist es Zeit Entwicklung zu hinterfragen und sich damit substanziell mit der Ethik des Bauens zu beschäftigen. Was aber macht ein Bauwerk zur Baukunst und damit zu etwas besonderem und Schützenswertem? Gibt es hierfür allgemein gültige Kriterien und wenn ja, welche sind diese? Die Initiative Baukunst ist aus der Überzeugung entstanden, dass eine fundierte gesellschaftliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Baukunst Kriterien schaffen kann unsere gebaute Umwelt weiter zu verbessern. – Die Gründung des Baukunst Fördervereins ist ein erster Schritt in Richtung schöne, wahre und gute Baukunst.
Präambel
Die Gestaltung des Lebensraumes beeinflusst unmittelbar unser Wohlbefinden und somit unsere Lebensqualität. Architekten nehmen seit jeher Einfluss auf unseren Lebensraum: mit Gebäuden, in Gebäuden und um Gebäude herum. Wir möchten, dass die damit verbundene Verantwortung nur von Gestaltern und Entscheidern mit hoher Kompetenz getragen wird. Kompetenz wächst durch Wissen, Erfahrung sowie zunehmend differenzierende Wahrnehmung und vermittelt sich über den leidenschaftlichen Diskurs darüber.
Positionen zur Baukunst
Baukunst und Verantwortung
Baukunst verantwortet einen erheblichen Einfluss auf unsere Lebensqualität. Sie schafft identitätsstiftende Orte für Individuum und Gesellschaft. Baukunst bedeutet immer im Raum sein, ist niemals nur Gegenüber. Sie steht auch nicht allein für das Objekt seiner selbst willen, sondern für dessen Integration in den größeren Kontext – vor allem der Stadt. Kommt doch gerade der Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums für eine neue Wir-Kultur in unseren verdichteten Städten eine wachsende Bedeutung zu. Baukunst denkt in Systemen. Sie übernimmt als Gesellschaftsarchitektur Verantwortung für Individuum und Gesellschaft, stellt im Sinne eines Human-Centred-Designs und zugleich eines Public-Centred-Designs beide in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. – Baukunst als Baustein der sozialen Stadt mit menschlichem Maßstab.
Baukunst und Kulturen
Baukunst ist Identifikation und kultureller Code. Baukunst begreift Entwerfen als Kulturtechnik und nicht als einen rein künstlerischen Schaffensprozess und ist somit Ausdruck kultureller Aprioris ihrer Zeit. Baukunst ist eine soziale Tatsache, die sich räumlich formt und somit stets Spiegel ihrer Zeit sowie lokale Verankerung als Kulturgut wird. Baukunst codiert Geschichte, Abstammung, Geographie, Klima, Politik, Religion, Weltanschauung und auch Sprache einer Kultur und macht deren Identität wahrnehmbar. Unterschiede zwischen Kulturen werden sicht- und begreifbar. Baukunst zu verstehen ermöglicht andere Kulturen besser zu verstehen und baut somit auch Brücken.
Baukunst und Freiraum
Baukunst ist frei gewählte Transzendenz. Baukunst bedeutet Konzentration und Dichte, schafft echte Orte für echte Begegnungen in einer zunehmend virtuellen Zeit. Dabei schafft sie Bewusstheit für die Bedeutung von Frei- und Zwischenraum.
Baukunst und Zukunft
Baukunst ist Lebensentwurf. Gebäude, die wir heute planen, sind
Prognosen, wie wir in Zukunft leben wollen – und dann auch werden. Wir gestalten unsere zukünftige Wirklichkeit. Dabei wächst zwangsläufig auch die Prognosesicherheit. Um unsere Gebäude und Städte resilient, lebenswert und identitätsstiftend werden zu lassen, beschäftigen wir uns mit den Anforderungen der Zukunft.
Baukunst und Geschichte
Zukunft braucht Herkunft. Baukunst macht Geschichte unmittelbar spürbar und so bleibt unsere eigene Geschichte mit uns in Kontakt. In diesem Sinne bedeutet Baukunst ein Weiterschreiben der Baugeschichte – respektvoll gegenüber unserem kulturellen Gedächtnis im Sinne einer zukunftsorientierten Denkmalpflege und sensibel im Aushandeln der Alltagsanforderungen von heute und morgen. Baukunst ist immer evolutionär und nicht disruptiv.
Baukunst und Gesundheit
Minimalanforderung im Sinne physischer Gesundheit sind Umweltbedingungen und Nahrungsmittel, die uns nicht kränken. Ehrliche Kreislaufwirtschaft, hohe Naturbelassenheit und Ressourcenwahrung spielen dabei eine große Rolle. Psychisches Wohlbefinden hängt ganz wesentlich vom Gefühl ab, dazuzugehören, frei wählen zu können, das Um-mich-herum verstehen zu können sowie sinnhaft zu handeln. Baukunst bedeutet Gesundheit für Mensch und Erde. Als langfristiges Investitionsgut steht sie ganzheitlich für Resilienz und Nachhaltigkeit.
Baukunst und Partnerschaft
Baukunst entsteht auf Augenhöhe als Ebene jedweder Kooperation. Die Komplexität der Zukunftsanforderungen ist nicht mehr innerhalb einzelner Fachdisziplinen zu lösen. Baukunst braucht gelebte Interdisziplinarität, Integration, Netzwerke und neue Formen der Kollaboration. Baukunst wird dann auch zur kommunikativen Aufgabe im partnerschaftlichen Dialog innerhalb der Fachöffentlichkeit sowie im partizipativen Dialog mit der Gesamtgesellschaft.
Baukunst und Qualität
Im ausgewogenen Wechselspiel von Wissen, Gespür und Haltung kann Qualität als wahre, schöne und gute Baukunst zum Ausdruck kommen. Denn Baukunst ist mehr als nur Effizienz, Technologie, Zweck, Nutzen und Kausalität. Baukunst umfasst auch das Planen und Bauen sowie die Qualität der Ausführung. Es geht um die Bedeutung von Echtheit und Authentizität und insbesondere um die Bedeutung des Handwerks, dessen Stärkung und Integration.
Baukunst und Leidenschaft
Leidenschaft nimmt in Form von Begeisterung ihren inspirierenden und motivierenden Weg vom Ich zum Du. Baukunst erfordert Wissen und Erfahrung aber auch Offenheit für neue Denkansätze und insbesondere Kreativität, Empathie und Leidenschaft. Es geht nicht nur darum, in Bausteinen zu denken, sondern um Begeisterung in sämtlichen Gestaltungsdisziplinen. Baukunst begreift Gestaltung ganzheitlich.
Baukunst und Lehre und Forschung
Baukunst steht für ein Berufsbild im Wandel und fordert deshalb eine Reform der Lehre sowie Unterstützung durch Wissenschaft, Forschung und Experiment. Die Erforschung und Lehre der Baukunst bedeutet dann eine ästhetisch-gestalterische Aufgabe in Balance zu sozialen, ökonomischen, ökologischen, technischen und kulturellen Herausforderungen im Heute und Morgen. Dabei versteht Baukunst Lernen als lebenslange Aufgabe.